Legenden
Der Bär von San Luguan
Es gab einmal einen Bären, der das Val d’Ansiei terrorisierte und zahlreiche Schafherden riss. Die Talbewohner wandten sich an den Bischof, um seinen Segen für die Bärenjagd zu bekommen. Doch der Kirchenmann konnte die Gemüter beruhigen und versprach, sich persönlich dem Problem anzunehmen. Am darauffolgenden Tag suchte der Bischof nach dem Tier und kraulte ihm die Brust. Dem Bischof gelang es, den Bären zu zähmen und er kehrte auf dessen Rücken ins Dorf zurück. Der Kirchenmann wurde von der Gemeinde gefeiert und von dem Tag an wurde der Bär sein Begleiter.
Die Geschichte von Ciadenazo
Es war einmal ein Dorfbewohner mit Namen Ciadenazo. Eines schönen Augusttages, als er zum Holzsammeln durch das Val Soccosta ging, fand er auf der Erde ein Buch und hob es auf. Nach einem harten Arbeitstag begann er auf dem Rückweg, in dem Buch zu blättern. Auf dem Ponte Malón, versuchte Ciadenazo einige Sätze zu lesen, als aus dem Buch eine Stimme drang, die sagte: „Befehle mir!” Verwundert antwortete der Mann: „Ich befehle dir, dass die erste Ziege der Ziegenherde, die gerade die Straße hochläuft und vor dem Hirten hertrabt, sich umdreht.“ Sein Wunsch wurde erhört und Ciadenazo begriff, dass dieses Buch etwas Diabolisches hatte. Einen Tag später wollte er das Experiment wiederholen und befahl seinen Männern, in der Hütte zu bleiben, statt hinauszugehen und Heu zu sammeln. Als er abends zurückkam, befahl er dem Buch, das getrocknete Gras in den Heuschober zu bringen und in wenigen Minuten war die Arbeit getan. Als der Pfarrer davon hörte, ließ er Ciadenazo rufen und der Kirchenmann wies ihn an, das Buch zu verbrennen. Noch am selben Tag errichtete der Mann eine Umzäunung, entfachte darin ein Feuer und verbrannte das Buch. Als die Buchseiten brannten, sah Ciadenazo, wie ihm eine Schar Teufel, die sich am Zaun festklammerte, drohte. Der Pfarrer lobpreiste und segnete Ciadenazo, der fortan als guter Christ in seinem Dorf lebte.
Der kleine Valentìn (Valentì piccolo forseni’n)
Es war einmal ein Junge namens Valentìn, der arm und allein in Riziò lebte. Nach dem Tod des Vaters, ließ seine Mutter, eine wunderschöne, aber böse Frau den Kleinen in der ärmlichen Hütte zurück, um in einem reichen Haushalt zu dienen. Bald schon lebte sie mit einem reichen und mächtigen Mann in der Gegend zusammen. Der kleine und schmächtige Valentìn lebte von der Mildtätigkeit der Dorfbewohner, auch wenn er nicht immer genug zu essen hatte. Eines Tages riet ihm eine Witwe mit sieben Kindern, die Mitleid mit dem Kleinen hatte, zum Palast zu gehen, wo seine Mutter wohnte, auf dass diese, vielleicht, wenn sie ihn so sehen würde, zu sich nähme. Valentìn machte sich auf den beschwerlichen Weg und als er das Haus erreichte, traf er auf eine Schäferin, die einmal im Dienst des Palasts von Valentìns Mutter gestanden hatte und von dem Zustand des Kindes derart ergriffen war, dass sie einwilligte, die Mutter zu bitten, das Kind zu treffen. Die Mutter kam heraus und befahl den Dienern das Kind zu töten und ihr dessen Herz zu bringen. Die Diener jedoch baten das Kind zu fliehen und beschlossen, ihrer Herrin das Herz eines Lamms zu übergeben. Valentìn kehrte zu seiner Hütte zurück und starb noch im Morgengrauen. Da die Witwe, die ihm geraten hatte, seine Mutter aufzusuchen, ihn nicht zurückkommen sah, begab sie sich zur Hütte. Dort erschien ihr Valentìn mit einem Heiligenschein, inmitten von sechs von unsichtbaren Händen gehaltenen großen, brennenden Altarkerzen. Die ganze Nachbarschaft eilte herbei, um den Jungen zu preisen. Am folgenden Sonntag begab sich die Rabenmutter zur Messe in die Kirche. Als die Frau das Kirchenportal erreichte, wichen die jahrhundertealten Steine auseinander und der Teufel stieg aus der Unterwelt empor, packte die Frau und fuhr mit ihr zur Hölle.